OXID Commons 2014

Die letzte Veranstaltung des E-Commerce-Marathons im Mai fand letzte Woche in Freiburg statt. OXID eSales hatte zur OXID Commons 2014 sowie zur anschließenden Unconference in den Schwarzwald geladen, und viele E-Commerce-Artisten folgten diesem Ruf. Nachdem wir schon bei Magento in Leipzig und bei Shopware in Ahaus Station gemacht und sich bereits viele Fragen zum Status Quo der Shop-Technologie-Landschaft angesammelt hatten, waren wir besonders neugierig, welchen Akzent OXID eSales in diesem Jahr würde setzen können.

Wie in den Vorjahren hatte man sich die Messe Freiburg für die jährliche OXID-Konferenz ausgewählt. Wie zuvor schon Magento und Shopware griff man dabei auf Bewährtes zurück und so fällt auch die Bewertung der Konferenz-Organisation kurz aus: Wie gehabt professionell.

Nachdem am Vorabend ein kleineres „Warmtrinken“ im Martin’s Bräu stattgefunden hatte, öffnete die Messe am nächsten Tag bereits um 8.00 ihre Tore. Mit Spannung erwarteten die Anwesenden die Keynote von CEO Roland Fesenmayr, um zu erfahren, wohin die OXID-Reise geht bzw. wie sich die Freiburger Softwareschmiede auf die Anforderungen der Zukunft einstellt.

Die Keynote

Leider verwendete Fesenmayr den größten Teil seiner Präsentation darauf, einen allgemeinen Überblick über den Status Quo des Onlinehandels zu geben. Er hob besonders die Wichtigkeit von Individualisierung, die Entwicklung des B2B-Geschäfts und die Anforderung von modernem Cross-Channel hervor, beantwortete aber nicht die Frage, welche konkreten Antworten aus dem OXID-Umfeld zu erwarten sind. Damit blieb die erste halbe Stunde zwar faktisch richtig, hinsichtlich des Anlasses – der Keynote der Hauptveranstaltung eines Shopsystemherstellers – jedoch enttäuschend abstrakt.

Erst in den letzten Minuten wurde es konkreter (stand  hier vielleicht ein Jobs’scher „one-more-thing-„Spannungsbogen der Konstruktion der Rede Pate?) und es wurden verschiedene Maßnahmen angekündigt:

  • Erweitertes B2B-Paket: Diese Sammlung von Modulen, die im Herbst 2014 veröffentlicht wird, adressiert die gestiegenen Anforderungen von Geschäftskunden und deckt beispielsweise Themen wie Unternehmens-Hierarchie, Kundengruppierung und Budgetierungs-Regeln ab.
  • Symfony-Integration: Im OXID eShop soll zukünftig das populäre PHP-Framework Symfony zum Einsatz kommen, dieses wird schrittweise integriert.
  • Admin-Bereich: Der optisch und funktional arg in die Jahre gekommene Adminbereich wird grundlegend überarbeitet und auf Basis des Symfony-Frameworks umgesetzt. In einer kurzen Demo wurde gezeigt, wie optisch und funktional runderneuert die Produktpflege und die Bestellungsverwaltung im OXID eShop der Zukunft aussehen soll. Ein Standalone-Betrieb des neuen Backends soll möglich sein, ebenfalls ist eine Ansprache via REST-API geplant.
  • Auto-Check für Erweiterungen: Zur Konferenz wurde ein Script veröffentlich, mit dem OXID-Entwickler die Qualität ihrer eigenen Module automatisiert testen lassen können.
  • Coding-Guidlines inkl. Code-Sniffer-Settings: Für diesen Monat angekündigt sind verschiedene Maßnahmen, um die Code-Qualität zu verbessern bzw. zu vereinheitlichen und die Arbeit mit der IDE PhpStorm zu vereinfachen.

Für den Enterprise-Bereich (wir werden an anderer Stelle noch zu diskutieren haben, was der Begriff „Enterprise“ in der Argumentation von Shopherstellern eigentlich bedeutet) wurde die Möglichkeit unbegrenzter Mandantenfähigkeit in Aussicht gestellt, sodass auch beispielsweise umfangreiche White-Label-Lösungen umgesetzt werden können. Last but not least stellte Fesenmayr den „E-Commerce-Accelerator“ FOXX vor, der einen stabilen und schnellen Shopbetrieb auch in anspruchsvollen Hochlastszenarien garantieren soll. (Eine genauer Erläuterung zu FOXX und wie es verwendet wird werden wir in Kürze veröffentlichen.)

Diese Auflistung von geplanten Entwicklungen wirft die Frage auf, welche Zielgruppe man anspricht bzw. wie man sich von den Mitbewerbern unterscheidet. OXID eSales wendet sich mit seinem Kernprodukt zum einen an kleinere Kunden und ambitionierte Mittelständler, die im Wesentlichen vom neuen Admin-Bereich profitieren werden. In Freiburg hat man aber auch den Enterprise-Bereich im Blick und wappnet sich technologisch und organisatorisch für anspruchsvollere Kunden und komplexere Projekte. Während ich das schreibe, fühle mich dabei an einen Absatz erinnert, dem ich der Commons vor zwei Jahren ins Stammbuch geschrieben habe:

Vor diesem Hintergrund, auch verstärkt durch die Keynote, präsentiert sich OXID reichlich diffus: man ist zum einen ein etablierter Hersteller kommerzieller Shop-Software, zum anderen pflegt man ein Community-Projekt. Man unterhält ein Partner-Netzwerk, bietet aber mit den neu vorgestellten Professional Services Dienstleistungen im ähnlichen Segment an. Es werden Enterprise-Features vorgestellt, die präsentierten Showcases lassen sich jedoch bestenfalls dem erweiterten Mittelstand zuordnen.

Abgesehen von der strategischen Ausrichtung lässt sich positiv vermelden, dass technologisch die Zeichen der Zeit erkannt wurden und es in den nächsten Jahren einen Umbau der OXID-Kerntechnologie geben wird.

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Die OXID Unconference, die am zweiten Tag stattfand, stand demnach ganz im Zeichen der Shoptechnologie. Im Vergleich zu letztem Jahr hat hier eine sehr positive Entwicklung stattgefunden: Die ganz im Barcamp-Stil gehaltene Veranstaltung fand am selben Ort wie die Hauptkonferenz statt und gab den technikaffinen Besuchern schon allein aufgrund der Location das Gefühl, sich auf Augenhöhe mit dem vorherigen Tag zu befinden. Diese Wertschätzung der vielgepriesenen Entwicklergemeinde wurde durch das aufmerksame (= Kater bekämpfende) und hochwertige Catering noch hervorgehoben. Zudem sorgten die vielfältigen und demokratisch bestimmten Themen der Sessions für echten Mehrwert und sorgten für interessante Diskussionen.

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Themenfindung auf der Unconference

Zwischenfazit

Das war er also, der Abschluss des E-Commerce-Frühlings 2014. Die OXID-Commons war professionell organisiert, hat den kompletten E-Commerce-Wanderzirkus angezogen und hatte alleine deswegen den angenehmen Charakter eines Klassentreffens. Aber auch nach dieser Veranstaltung bleibt das Gefühl, dass einige Fragen beantwortet wurden, die allermeisten jedoch noch offen sind. Wir werden diese in einer vergleichenden Gesamtschau in den nächsten Tagen an dieser Stelle zu veröffentlichen.

Roman Zenner (ShopTechBlog)

Ich beschäftige mich seit mehr als 20 Jahren mit E-Commerce-Technologie und gehe hier im Blog der Frage nach, mit welchen Systemen Marken und Händler:innen ihr Online-Geschäft abbilden.

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