Rezension: „The Lean Startup“ von Eric Ries

Nicht mehr ganz taufrisch, trotzdem Basis einer Management-Schule, die aktueller denn je ist: The Lean Startup. Ich habe seit langem mal wieder Zeit zum Lesen gehabt und mir den Titel von Eric Ries zu Gemüte geführt.

Schlanke Produktentwicklung

Die zentrale Annahme, die sich durch das 2011 erschienene Buch zieht, lautet: Je schneller man als Startup ein Produkt auf den Markt bringen kann, desto eher ist man in der Lage, dessen Erfolg zu überprüfen und das Feedback wiederum in die Verbesserung des Produkts einfließen zu lassen. Das erste Produkt – das sogenannte „minimum viable product“ (MVP) – wird möglichst schnörkellos veröffentlicht, um direkte Rückmeldungen der Kunden zu erhalten. Umfangreiche Features oder sogar „Perfektion“ sind nicht erwünscht. Diese Zeitersparnis führt dazu, dass keine Ressourcen verschwendet, sondern optimal für weitere Optimierungen eingesetzt werden können. Eric Ries beschreibt diesen Kreislauf als „Build-Measure-Learn“ und erteilt damit allen Modellen eine Absage, die auf langen Entwicklungslaufzeiten basieren. Stattdessen plädiert er für das sogenannte „validated learning“ als einer Methode, mit der man vorher aufgestellte Hypothesen überprüft und anhand der Resultate konstant sein eigenes Geschäftsmodell hinterfragt. Dabei setzt er weniger auf die häufig verwendeten „vanity metrics“, also die häufig genutzten empirischen Datenmodelle, mit denen klassischerweise Entwicklungen verfolgt und Erfolge erkannt werden, sondern auf für das jeweilige Experiment relevante Werte.

Was man von Toyota lernen kann

Die Lean-Startup-Methode basiert grundsätzlich auf dem vor allem durch Toyota bekannt gemachten „lean manufacturing“. Diese revolutionäre Produktionsweise, die den japanische Produzenten zum weltgrößten Automobilbauer hat wachsen lassen, hinterfragt grundsätzlich die bis dato geltenden Erkenntnisse bezüglich optimaler Massenfertigungsprozesse. Produktionszyklen werden dabei beschleunigt und Arbeitseinheiten verkleinert. Und was seinerzeit dabei half, den stark fragmentierten japanischen Automobilmarkt zu erobern, gilt laut Eric Ries auch für Entrepreneure in gänzlich anderen Branchen. Er präsentiert zahlreiche Beispiele von Unternehmen, die mit der „schlanken“ Methode ihre Produktentwicklung komplett neu aufgestellt haben und so in der Lage waren, Produkte an den Markt zu bringen, die schneller der Nachfrage entsprachen.

Und das ist auch gleichzeitig einer meiner größten Kritikpunkte an dem anderweitig sehr erhellenden Text: Eric Ries führt eine ganze Reihe von Anwendungsfällen an und reitet dabei auf einzelnen Punkten für meinen Geschmack zu sehr herum. Die Grundlagen seines Modells sind meines Erachtens nicht übermäßig schwer zu verstehen, und wenn man davon ausgeht, dass es im Einzelfall immer Variationen geben muss, hätte man sich die eine oder andere Ausschmückung auch sparen können.

Dessen ungeachtet ist The Lean Startup ein wichtiger Text und seine Lektüre vor allem denen zu empfehlen, die versuchen, ihre E-Commerce-Projekte immer noch mit den Rezepten von vorgestern bewältigen zu wollen.

Roman Zenner (ShopTechBlog)

Ich beschäftige mich seit mehr als 20 Jahren mit E-Commerce-Technologie und gehe hier im Blog der Frage nach, mit welchen Systemen Marken und Händler:innen ihr Online-Geschäft abbilden.

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