Das war das E-Commerce-Camp 2014 in Jena

Schon wieder ist eine der Veranstaltungen zu Ende gegangen, bei der es immer eine ganze Zeit dauert, all die Eindrücke zu einzuordnen und zu verarbeiten. Während die fleißigen Hände drüben in der FH noch Stühle stapeln, Getränkekisten wuchten und sonstige Spuren der insgesamt 160 Teilnehmer besorgen, versuche ich es – bei gutem Kaffee aber eher zweifelhaftem Club Jazz in der Hotel-Lobby – trotzdem mit einer ersten Einschätzung.

Applaus für das Orga-Team

Die Dinge, über die man sonst bezüglich derartiger Veranstaltungen liest bzw. lesen muss, kann man in diesem Fall erfreulicherweise kurz abhandeln: eine bessere Organisation habe ich noch nicht kennengelernt. Seien es die weitläufige Location mit „Platz satt“, das mit dem Wort „feudal“ noch unzureichend beschriebene Catering und die vielen kleinen Dinge, die solch ein Barcamp erfolgreich machen – Hut ab! Wenn man ein Haar in der Suppe finden möchte, ist das vielleicht die Tatsache, dass die Beamer teilweise nicht mit den Apple-Geräten vertrugen. (Es grenzt aber an Unverschämtheit, im Jahr 2014 von einer fortgeschrittenen, technisch orientierten Fachhochschule derartige Extravaganzen zu verlangen.) So hatten einige Referenten die Gelegenheit, ihre Präsentationskünste ohne visuelle Hilfsmittel unter Beweis zu stellen und einmal den selten gewordenen Genuss zu erleben, sich mit Kreide an einer echten Tafel austoben zu dürfen. Solch ein handgemachter Didaktiv-Stil ist in der heutigen Zeit selten geworden.

Gewöhnungsbedürftig war auch die Temperatur und Menschendichte in der Perle, die den Abend des ersten Abend eher einem Saunabesuch gleichen ließ. Die besten Cocktails der Stadt hätte man besser im Bademantel zu sich genommen und das crushed ice äußerlich angewendet. Hier bleibt zu hoffen, dass die Veranstalter im nächsten Jahr das Netzwerken weitmaschiger gestalten und der druckbeschallte E-Commerce-Engtanz nicht zur Regel wird.

Die Sessions

Die einzelnen Sessions waren naturgemäß von ganz unterschiedlicher Qualität, sowohl was die Kompetenz als auch den Unterhaltungswert anging. Sehr gefreut hat mich, Lars Jankowfsky in gewohnt lockerer Art beispielsweise über das Leben als CTO berichten zu sehen und zu hören. Auch der Spontanvortrag von Christoph Burgdorf zum Thema git – mit erstaunlich problemlosem Live-Coding-Teil! – war authentisch und informativ. Überhaupt waren Tech-Themen und die zugehörigen Sprecher in der absoluten Mehrheit. Spätestens in der Business-Brainstorming-Session zur „Zukunft des E-Commerce“, die ich zu verantworten hatte, wurde das mehr als deutlich: Die Diskussion war zwar teilweise engagiert, verhedderte sich aber irgendwann in persönlichen Befindlichkeiten zum Thema Amazon und endete in der Erkenntnis, dass ein engagierter stationärer Handel doch besser über entsprechende Plattformen und Technologien „enabled“ werden sollte. Dass das Resultat der Session ein gepflegtes Plädoyer für den Multi-Channel war, war für mich überraschend und enttäuschend zugleich und bestätigt mich in der Vermutung, mein Vortrags-Thema am Publikum vorbeigedacht zu haben.

Was bleibt ist die Erkenntnis, zum zweiten Mal am gelungensten E-Commerce-Barcamp der Republik teilgenommen zu haben. Die Veranstaltung beweist auch, dass Entwickler, Software-Architekten & Co. scheinbar ganz natürlich zueinanderfinden, Technologie-Themen diskutieren und weiterentwickeln. Auf der Strategie-/Business-Seite geht die diesbezügliche Suche nach geeigneten Formaten weiter.

Roman Zenner (ShopTechBlog)

Ich beschäftige mich seit mehr als 20 Jahren mit E-Commerce-Technologie und gehe hier im Blog der Frage nach, mit welchen Systemen Marken und Händler:innen ihr Online-Geschäft abbilden.

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