Rolle rückwärts: eBay stößt Magento ab

Das Jahr 2015 hat seine erste größere Shoptech-Meldung: Wie gestern bekannt wurde, plant eBay noch in diesem Jahr sein Enterprise-Segment abzustoßen, zu dem bekanntermaßen auch Magento gehört. Außerdem soll insgesamt 2.400 Mitarbeitern weltweit gekündigt werden. Die entscheidenden Stellen in der Presse-Mitteilung lesen sich wie folgt:

We will also be exploring strategic options for eBay Enterprise, including a sale or IPO. Enterprise is a strong business and a leading partner for large retailers, managing mission critical components of their e-commerce initiatives. However, it has become clear that it has limited synergies with either business and a separation will allow both to focus exclusively on their core markets, as we create two independent world class companies

[…]

During the first quarter, we plan to reduce our workforce globally by approximately 2,400 positions which a represents about 7% of our total workforce across eBay Marketplaces, PayPal, and eBay Enterprise.

Wegen mangelnder Synergie-Effekte – was auch immer das konkret bedeuten mag – wird demnach ein Verkauf oder ein Börsengang angestrebt. Erst vor zwei Monaten hatte eBay angekündigt, sich auf ähnliche Weise von PayPal trennen zu wollen, obwohl man noch zum Ende 2013 postuliert hatte, „Separation of businesses creates dis-synergies and distraction“. Kein Wunder, dass Jochen Krisch auf Exciting Commerce von Zerschlagung und einem strategischen Scherbenhaufen spricht.

Was geschieht mit Magento?

Die spannende Frage ist jetzt zum einen, wie es mit eBay Enterprise weitergehen wird. Nach eBays Einkaufstour 2011 gehört neben Magento (Einkaufspreis $180 Mio.) auch und vor allem GSI Commerce (Einkaufspreis $2,4 Mrd.) und damit auch indirekt Intershop zu diesem Segment und es stellt sich unter anderem die Frage, ob und wie diese technologische und organisatorische Verbindung auch in Zukunft Bestand haben wird.

Interessant ist aber auch die Frage, was genau aus der Magento-Plattform selbst wird. Diese hatte ja vor allem im letzten halben Jahr durch gute Nachrichten aus dem Magento-2-Lager auf sich aufmerksam gemacht, insbesondere was die Transparenz der Entwicklung angeht. Vor dem Hintergrund der gestrigen Meldung drängt sich also hier die Vermutung auf, dass die Magento-Braut ein wenig aufgehübscht werden sollte, um die Chancen auf dem internationalen Heiratsmarkt zu erhöhen. Oder anders formuliert, man arbeitet seit einiger Zeit an einer Strategie, um verlorene Glaubwürdigkeit bei der Entwickler-Community zurückzugewinnen und technologisch Dinge umzusetzen, die schon lange gefordert wurden. (Ob die Technologieentscheidungen alle sinnvoll waren und sind und was an Wert letztlich für den Händler dabei herausspringt, steht noch einmal auf einem ganz anderen Blatt.)  Die „Story“ scheint also eher Technik- und Community-orientiert  und man darf gespannt sein, wen die „platform for growth“ als nächstes damit um den Finger wickeln wird.

Update:

Der Vollständigkeit halber hier noch die Links zu den Präsentationen 2013 und 2014, die einiges über die geschäftliche Entwicklung der verschiedenen eBay-Segmente aussagen.

Roman Zenner (ShopTechBlog)

Ich beschäftige mich seit mehr als 20 Jahren mit E-Commerce-Technologie und gehe hier im Blog der Frage nach, mit welchen Systemen Marken und Händler:innen ihr Online-Geschäft abbilden.

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