Intershop Q2/2019: Neues Geld, neue Ziele, aber reicht das?

Wenn ein neues Quartal beginnt heißt das auch, dass ein anderes endet und man Bilanz zieht. So geschehen in Jena bei Intershop und heute vorgestellt: die Bilanz zu den ersten 6 Monaten 2019 inkl. Q2.

Das wichtigste vorab: Erstmal ist genug Geld auf der Bank, insgesamt mehr als 10 Mio. €. Wenn wir nun (rein hypothetisch) die 8,3 Mio. € abziehen würden, die durch die zwei Kapitalerhöhungen innerhalb der letzten 5 Monate eingenommen wurden, dann sieht das schon wieder etwas anders aus. Mit einem negativen Cashflow von 4,4 Mio. € (laufendes Geschäft + Investitionen) hat man ein offensichtlich ein Problem, welches sich im Moment eher strukturell als einmalig darstellt. Kurzum: Man hat sich vielleicht noch ein Jahr, vielleicht 18 Monate erkauft, aber spätestens Anfang 2020 braucht man wieder neues Geld, zumindest wenn es so weitergeht.

Auszug aus dem 6 Monatsbericht 2019 der Intershop Communications AG (25.07.2019)

Wenigstens konnte beim Umsatz eine leichte Wende eingeleutet werden, nach -10% nach Q1 konnte man das Minus auf -5% für das gesamte erste Halbjahr eindämmen. Besonders stolz ist man wieder auf den angestiegenen Auftragseingang für Cloudprojekte, welcher auf 3,9 Mio. € anstieg. Das ist toll, dass man solche Verträge unterschreiben konnte, muss aber auch in Relation zum wirklich gebuchten Umsatz gesehen werden.

Der Cloud-ARR (jährlich wiederkehrender Umsatz) erhöhte sich um 38 % auf 6,2 Mio. Euro per Ende Juni 2019 (Vorjahr: 4,5 Mio. Euro). Der New ARR (neuer jährlich wiederkehrender Umsatz) betrug 0,6 Mio. Euro nach sechs Monaten 2019.

Auszug aus dem 6 Monatsbericht 2019 der Intershop Communications AG (25.07.2019)

Was heißt das? Der Cloud-Auftragseingang manifestiert sich nur schleppend in echtem Umsatz. Das erklärt sich dadurch, dass der Auftragseingang auf Basis des Vertragswertes berechnet wird, wieviel wird also über die gesamte Vertragslaufzeit ausgeben. Im Normalfall hat man in diesem Geschäft Laufzeiten von 3 oder 4 Jahre. D.h. selbst bei bei 3 Jahren Vertrag bedeutet das, dass aus 3,9 Mio. € Auftragseingang und einer linearen Verteilung über die Laufzeit lediglich 1,3 Mio € Umsatz p.a. erzeugt wird. Dazu kommt, dass die meisten Verträge erst mit deutlichem Versatz nach der Unterschrift voll zur Geltung kommen, da die Händler für die Lösung erst voll zahlen wollen, wenn sie auch produktiv im Einsatz ist. Typischerweise geht es hier um 6-12 Monate, die es braucht, um ein solches System in einen produktiven Zustand zu bekommen. D.h. die jetzt akquirierten Aufträge werden zu einem Großteil erst in 2020 in der Umsatzbilanz auftauchen, und dann auch nur mit einem Bruchteil der im Auftragseingang genannten Summe.

Aber gut, so ist das Geschäft. Wenn der Auftragseingang passt, dann kann daraus ja etwas werden. Hier wird es nun schwierig. Intershop muss bereits jetzt die Ziele für 2019 stark nach unten korrigieren:

Aufgrund des verhaltenen Jahresstarts im ersten Quartal hat das Unternehmen seine operativen Cloud-Ziele leicht korrigiert und geht nun von 40 Neukunden (bisher: 50) mit einem Cloud-Auftragseingang von 17 Mio. Euro (bisher 22 Mio. Euro) aus. Beim New ARR (neue jährlich wiederkehrende Cloud-Umsätze) wird ein Volumen von 5 Mio. Euro (bisher 6 Mio. Euro) erwartet.

Auszug aus dem 6 Monatsbericht 2019 der Intershop Communications AG (25.07.2019)

Und auch diese Ziele scheinen noch in weiter Ferne zu liegen. Hier ein aktueller Vergleich:

KennzahlAltes Ziel 2019Neues Ziel 2019Stand Q2 2019
Neukunden504010
Cloud-
Auftragseingang
22 Mio. €17 Mio. €3,9 Mio. €
New ARR6 Mio. €5 Mio. €0,6 Mio €

An all diesen Fronten muss man trotz der reduzierten Ziele ein hohes Vertrauen in die Pipeline und die Umsetzungsfähigkeit der Kunden sowie Intershop haben. Die Aktie reagiert heute mit leichten Gewinnen, jedoch auf einem sehr niedrigen Niveau. Mit 1,29 € ist man nicht mehr weit vom Penny-Stock entfernt und auch die Entwicklung von ~-30% im letzten Jahr zeigt die Auffassung der Märkte

Es bleibt spannend im Intershop Tower.