27. Juli 2024

Wer erklärt mir das mit neckermann.de?

Es gibt da dieses Poster von iBusiness, das die Top-100 der deutschen Onlineshops auflistet und in meinem Büro an der Wand hängt. Wenn man mal davon ausgeht, dass die Umsatzzahlen, die dort veröffentlicht werden, nicht zusammengewürfelt worden sind, steht da: neckermann.de machte 2011online einen Umsatz von 580 Mio. und lag damit hinter Amazon und Otto auf Position 3. Richtig? Und trotzdem war man dort den Zahlen und allem Anschein nach so lange von der Gewinnzone entfernt, dass der Besitzer Sun Capital kürzlich die betriebswirtschaftliche Notbremse ziehen und das Unternehmen die Insolvenz beantragen musste.

Ich bin ja beileibe kein BWLer, stelle mir aber vor diesem Hintergrund schon die Frage, welchen Wert Meldungen wie Zalando arbeitet an der Umsatzmilliarde überhaupt haben. Beim genannten Unternehmen schreibt man ja bekanntlich auch tiefrote Zahlen, nur wird dem Schuh- und Modeversender aus dem Samwer-Stall, der gerne und oft als solide finanzierter und mit hellen und analytisch brillianten Management-Köpfen ausgestatteter Vorzeige-Pure-Player dargestellt wird, zumindest attestiert, dass man dort auf lange Sicht weiß was man tut. Was bei neckermann.de nicht der Fall zu sein schien, womit wir wieder bei der Ausgangssituation sind. Waren es die Prozesskosten? Ein zu hohes Marketing-Budget? Und gibt es weitere Kandidaten in der Top-100-Liste, die schicke Umsatzzahlen vorschieben, diesen aber hintenrum nicht gerecht werden? I wonder.

(Bild: pexels.com)

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8 Antworten auf Wer erklärt mir das mit neckermann.de?

  1. Rico Neitzel sagt: 30.07.12 um 11:34 Die schnellste Antwort lautet
    Umsatz != Gewinn.Wenn ich Dir nun eine Rechnung über 1 Mrd. schreibe und Du mir im Gegenzug auch Rechnungen über 1 Mrd. schreibst, haben wir praktisch nichts verdient, aber soliden Umsatz gemacht Wollen wir uns also gegenseitig an die Spitze der deutschen Unternehmen lügen? Davon aber mal abgesehen: Hoher Umsatz muss bei der falschen Preispolitik oder überzogenem Größenwahn nicht auch für ein gesundes Unternehmen stehen. Ist die Marge zu niedrig oder die Kosten zu hoch verbrennt der Überschuss an Reinerlös.Vielleicht sollte man von Umsatz auf Gewinn umstellen!? Naja, würde auch verwässern, wenn Investitionen getätigt oder Verlustvorträge gemacht werden. Oder beides angeben? Oder komplett revolutionieren?Ich weiß es auch nicht. Aber bekanntlich gilt ja immernoch der Grundsatz: Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast!
  2. Burkhard Rupprecht sagt: 30.07.12 um 12:25 Umsatz ist halt nur eine Kennzahl. Unterm Strich muss es in der Bilanz passen. Da laufen im Onlinehandel viele rum, die sich von Kennzahlen wie Umsatz, Conversionrate etc. blenden lassen. Die Wahrheit steht in der G+V.
  3. Christian Newe sagt: 30.07.12 um 12:47 Wenn man aktuell auf die Seite http://www.neckermann.de geht, dann sieht man, das der Humor noch nicht vollständig verlorengegangen ist.
    Würde mich einmal interessieren, wie SunCapital die Banner findet…Unter dem Strich ist es so, dass sich die “erst einmal groß, cashout und dann mal sehen” Mentalität natürlich völlig gegen die alteingesessenen Marktstrategien läuft.
    Der Umbau müsste sich teuer erkauft werden. Vor allem bei der Marke – Junges Ding kauft eben lieber bei Schuhschreiern als bei denen die bei Oma immer noch als Katalog unterm Topf liegen. (Und den Katalog gibts schon ewig nicht mehr…)
  4. Matthias Kannegiesser sagt: 30.07.12 um 14:33 Gerade bei Zalando stelle ich mir die Frage, was passiert, wenn die eben nicht den Turn-Around schaffen und der Investor irgendwann Gewinne sehen will. Noch wird ja alles als “Strategie” verkauft, aber wenn man sich das mit gesundem Menschenverstand anschaut, kann auch ein Zalando, Samwers hin, Kinnevik her, nicht ewig Geld verbrennen, sondern, wie Burkhard schon schreibt, muss irgendwann mal eine positive G+V auf den Tisch. Unendliches Geld gibt es nämlich auch da nicht.Ach ja @Rico: Ich beteilige mich an dem Unternehmen, dann können wir schon 2 Milliarden hin und herschieben. Teuflischer Plan das!
  5. Josef Willkommer sagt:31.07.12 um 10:04Wenn ich die Neckermann “Story” so betrachte und mir zu Zalando & Co. auch ein paar Gedanke mache, dann wundert mich inzwischen gar nichts mehr. Auch hier sind im Hintergrund Investoren/Banken, die nur die schnelle Kohle sehen, auf “virtuelle” Gewinne spekulieren und dann ggf. auch genauso schnell wieder weg sind, wie sie gekommen sind. Im Online-Business (und gerade dort) gelten ganz elementare, wirtschaftliche Grundregeln. Zum einen dass Umsatz NICHT gleich Gewinn ist und zum anderen, dass man nur mit nachhaltigem und kundenorientiertem Handeln über alle Bereiche hinweg überleben wird. Aus meiner Sicht, wird es da in Zukunft noch einige Male “Peng” machen…..
  6. H.S. sagt:05.09.12 um 10:13Neckermann wurde 2007 zu 51% an Sun Capitals verkauft.
    2010 wurde Karstadt von Bergruen für einen Euro gekauft, gleichzeitig wurde 2010 Neckermann zu 100% an Sun Capitals verkauft(Sehr wahrscheinlich um 1 Euro).Wenn du eine Firma hast, die dich nur 1 Euro gekostet hat, und sie wirft keinen Gewinn ab, wieviel musst du aus der Zerschlagung herausbekommen, damit du Gewinn hast? Antwort: Nur 1 Cent mehr als 1 Euro. Jeglicher Gewinn aus dem Verkauf im Zuge der Zerschlagung ist 1:1 Gewinn.
    Darum bin ich dagegen, dass Firmen um 1 Euro verkauft werden, sondern dass sie in das Vermögen der Angestellten übergeht, deren Interessen sind immer anders als die eines Finanzkonsortiums, nämlich im Arbeitsplatzerhalt und nicht im Gewinn.
  7. H.S. sagt:05.09.12 um 10:19Bei Zalando liegt es imho anders.
    Hier geht es um Verdrängungswettbewerb in einem Markt mit nur ganz wenigen Playern. Der Kaufpreis steigt dort ins unermässliche, wenn die Marktanteile stimemn.
    Da kann man schon Verluste einfahren, die werden im Kaufpreis dann zugerechnet.
    Vorausgesetzt, man hat das geeignete Kapital. Wie gesagt, das ist der Sachverhalt bei Märkten mit wenigen Playern, der erst im Entstehen ist und wo man von Anbeginn dabei war.
  8. H.S. sagt:05.09.12 um 10:21unermesslich 

Roman Zenner (ShopTechBlog)

Ich beschäftige mich seit mehr als 20 Jahren mit E-Commerce-Technologie und gehe hier im Blog der Frage nach, mit welchen Systemen Marken und Händler:innen ihr Online-Geschäft abbilden.

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