Wie ist der Stand der Dinge bei Magento, OXID und Shopware?

Es dauert nicht mehr lange, bis die „Hausmessen“ von Magento, OXID und Shopware stattfinden: die Meet Magento am 12./13. Mai in Leipzig, die Shopware Community Days am 16./17.Mai in Ahaus sowie die OXID Commons am 22. Mai (sowie die zugehörige Unconference am 23. Mai) in Freiburg. Grund genug, sich mal anzusehen, was es an aktuellen Entwicklungen bei den Systemherstellern gibt und was möglicherweise bei den Veranstaltungen zu erwarten ist.

Magento

– Das Business – 

Magento ist zuletzt in die Schlagzeilen geraten, nachdem die Konzernmutter eBay ungefähr 50 Angestellte am Standort San Jose entlassen hatte. Unter denjenigen, die in Zukunft nicht mehr für das Unternehmen arbeiten werden, gehört laut des Beitrags auch der Head of Product Jimmy Duvall. Er war 2012 zu Magento gestoßen und hatte vorher für GSI Commerce gearbeitet, das mittlerweile auch zu eBay gehört. Auf Facebook gab es dazu eine lebhafte Diskussion. Von offizieller Seite wurden die Entlassungen als Konsolidierungsmaßnahmen bestätigt, zur Anzahl bzw. zu betroffenen Personen wurde keine Angaben gemacht.

Auch sonst scheint eBay sich auf das Geschäftliche zu konzentrieren, widmet sich vor allem dem Verkauf von Enterprise-Lizenzen und verschärft die Bedingungen für seine Agentur-Partner. Aus diesen Kreisen ist zu hören, dass der beispielsweise für den Erhalt des „Gold“-Status erforderliche Lizenz-Umsatz sich nur an Neuabschlüssen bemisst; große Agenturen, die einen signifikanten Teil ihrer Umsätze mit dem Bestandskundengeschäft bestreiten, haben das Nachsehen und sind entsprechend verstimmt.

Weiterhin für spannende Diskussionen sorgt der neue Entwicklungszweig Magento 2. Entgegen meiner eher düsteren Prognose aus dem Jahr 2012 (Death Knell for Magento 2) ist das neue Magento 2 doch nicht tot, sondern erfreut sich scheinbar bester Gesundheit. Im offiziellen Github-Repository sind regelmäßige Updates sichtbar. Einzig die Frage, wann die erste stabile Version von Magento 2 verfügbar sein wird, scheint niemand mit Gewissheit beantworten zu können. Dafür beobachtet Matthias Zeis die diesbezüglichen Entwicklungen genau und veröffentlicht regelmäßige Updates in seinem Blog.

Anders sieht es bei X.Commerce aus. Hierbei handelte es sich seinerzeit um den Versuch, eine Art lingua franca des E-Commerce zu etablieren und mithilfe eines Cloud-gehosteten Frameworks zu erreichen, dass verschiedenste Applikationen auf einfache Weise Daten austauschen können. Dieses Projekt, das eBay nach der Übernahme von Magento am Markt platzieren wollte, scheint nicht mehr gepflegt bzw. weiterentwickelt zu werden: Die Projekt-Domain x.com leitet auf die eBay-Startseite weiter.

– Die Community – 

Bei allem Gegenwind, der Magento aus der Business-Ecke entgegenzuwehen scheint, ist die Community nachwievor sehr aktiv und kreativ. Neben der Tatsache, dass es die Meet-Magento-Konferenz als Format bereits nach Russland und Brasilien geschafft hat, scheinen allerorts dezentrale Events aus dem Boden zu schießen. Seien es Stammtische, Hackathons, gemeinsame Jogging-Aktionen, im Eigenverlag erscheinende Fachbücher oder der eingetragene Firegento-Verein, der in einem nicht-kommerziellen Kontext unter anderem die Anpassungen bzw. Lokalisierungen für den deutschen Markt vorantreibt: Im Besonderen initiiert von den Magentoianern der ersten Stunde engagieren und vernetzen sich Entwickler weltweit und sorgen damit für ein Ökosystem, das im globalen E-Commerce seinesgleichen sucht. (Wer sich genauer mit dem Thema beschäftigen möchte, dem sei  der lesenswerte Jahresrückblick 2013 von neoshops empfohlen.)

Vor diesem Hintergrund ist auch die Initiative The Future of the Magento Ecosystem zu verstehen, die unter anderem vom Magento-Community-Manager der Niederlande, Guido Jansen, gestartet wurde. Im Kern geht es darum, die Zusammenarbeit der Community weltweit zu bündeln und zu professionalisieren, um die Gefahr zu minimieren, die von einer nicht-transparenten Geschäftsstrategie auf Seiten von eBay ausgeht. In seiner Präsentation macht er darauf aufmerksam, dass die Verträge von Roy Rubin – einer der beiden Gründer von Magento – im September auslaufen und unklar ist, ob er im Unternehmen bleibt. Yoav Kutner, der zweite Gründer und CTO von Magento hatte das Unternehmen im April 2012 verlassen.

OXID eShop

– Das Business – 

Die OXID eSales AG aus Freiburg positioniert sich zunehmend als Technologie-Lieferant für Multi-Channel-Szenarien. Zuletzt auf der Euroshop 2014 in Düsseldorf präsentierte das Unternehmen Möglichkeiten, kanalübergreifende Handelskonzepte technisch abbilden zu können, beispielsweise durch POS-Anbindungen oder eine standardisierte Schnittstelle zu SAP. Laut eigenen Angaben konzentriert man sich dabei auf große Mittelständler und Konzerne.

Interessant ist, wie das Unternehmen sein Produkt eFire derzeit positioniert. Diese Plattform synchronisiert verschiedene E-Commerce-Applikationen und sorgt für standardisierte Schnittstellen, ähnlich der oben genannten X.com-Plattform. In den letzten Monaten sind jedoch zwei sogenannte „Standalone“-Module offiziell veröffentlich worden, die, so steht es in der Beschreibung, eine Anbindung an die eFire-Plattform „nicht mehr erforderlich“ machten. Dieses Vorgehen scheint die eFire-Plattform nicht sonderlich zu unterstützen und man kann darauf gespannt sein, was auf der OXID Commons zu diesem Thema gesagt wird.

– Die Community – 

Merklich mehr Beachtung als in den vergangenen Jahren findet das Thema Vernetzung und Community-Building. In immer mehr Städten finden Veranstaltungen der OXID Usergroups statt, wie zuletzt in München, das im Februar UG-Premiere feierte. Auch in anderen Ländern werden derartige User-Treffen etabliert, wie beispielsweise in der Schweiz.

Sichtlich profitiert hat die Community auch von dem Schritt, sowohl die OXID-eShop-Software (in der Community-Version) als auch weitere Community-Projekte auf github zu pflegen. Interessierte Entwicker finden so leicht einen Einstieg in die Weiterentwicklung vorhandener Projekte, können aber auch eigene Projekte einstellen.

Shopware

– Das Business – 

Bei Shopware stehen momentan erkennbar alle Zeichen auf bepado. Mit diesem Online-Marktplatz, der gleichzeitig als Händlernetzwerk fungiert, hat das Unternehmen aus Schöppingen nichts Geringeres im Sinn, als nach Amazon und eBay der drittgrößte Marktplatz in Deutschland zu werden. Technisch gesehen ist bepado offen für alle Shop- bzw. ERP-Systeme und ermöglicht damit auch die Einbindung beispielsweise von Magento oder OXID eShop.

Außerdem öffnet man sich zunehmend der Enterprise-Welt. Im Rahmen eines entsprechend ausgestatteten Partner-Programm strebt Shopware an, gemeinsam mit etablierten Agenturen in Zukunft auch sehr komplexe Shop-Projekte durchführen zu können.

– Die Community –

Bei der Entwicklung des bepado-Netzwerks ist auch die Community involviert. Seit einigen Wochen steht auf github das bepado-SDK zur Verfügung, das es Entwicklern erlaubt, eigene Anwendungen für das Netzwerk zu schreiben.

Interessierte Entwickler haben darüberhinaus die Möglichkeit, sich im Rahmen der Usergroups zu treffen und auszutauschen, die ersten Veranstaltungen dieser Art haben beispielsweise in Hamburg, Berlin und München stattgefunden.

Fazit

Angesichts des oben Gesagten lassen sich zwei Dinge mit Sicherheit festhalten: Zum einen streben alle drei Shopsystem-Hersteller erkennbar in die „Enterprise“-Richtung. Wie man dabei auch immer „Enterprise“ definiert (die Kollegen von Hybris und Intershop haben diesbezüglich sicher eine etwas andere Sicht der Dinge), klar ist, dass man sich gemeinsam mit seinen Partnern steigenden Projektbudgets zuwenden möchte. Den dazu nötigen Spagat – „big business“ auf der einen, kleinere Händler und/oder die Community auf der anderen Seite – meistern die Protagonisten mit unterschiedlichem Erfolg.

Außerdem wird klar, dass in allen drei Fällen die jeweilige Community ein immer wichtigerer Faktor für die Innovationsfähigkeit der Hersteller wird. Auch wenn Shopware mit bepado die Initiative hinsichtlich der Neuordnung der Marktplatz-Landschaft ergriffen und entsprechend investiert hat, so wird es die Resonanz in bzw. das Engagement der Community sein, die den eigentlichen Wachstums-Hebel darstellt. Nicht umsonst wurde ein offenes SDK platziert, um sich diese Dynamik zunutze machen zu können. Und während Magento und OXID vor allem Produktpflege betreiben, sind es die Entwickler in den jeweiligen Ökosystemen, die ihre Projekte sowie die Vernetzung vorantreiben.

Roman Zenner (ShopTechBlog)

Ich beschäftige mich seit mehr als 20 Jahren mit E-Commerce-Technologie und gehe hier im Blog der Frage nach, mit welchen Systemen Marken und Händler:innen ihr Online-Geschäft abbilden.

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