Beim Hitmeister E-Commerce-Day, der am vergangenen Samstag in Köln stattfand, gab es unter anderem ein Experten-Panel zum Thema Shop-Systeme. Die Teilnehmer des Panels sprachen für die Systeme xt:Commerce, OXID eShop, Shopware sowie den SaaS-Anbieter SEOshop und beantworteten verschiedene Fragen zu Technikauswahl, Internationalisierung und Funktionsumfang. In einem Punkt blieben die Aussagen jedoch vage: Welche Innovationen kann man von Shop-System-Herstellern in Zukunft erwarten?
Am Standard wird nicht gerüttelt
Allen im E-Commerce Tätigen dürfte die Software osCommerce ein Begriff sein. Dieses Shop-System wurde Anfang 2000 veröffentlicht und ist heutzutage immer noch Basis für viele Onlineshops. (Zudem ist der 3er-Entwicklungsstrang von xt:Commerce ein direktes Derivat dieser „Urmutter“ aller Shopsysteme.) Nun hat sich in den vergangenen 14 Jahren viel getan, eins ist aber gleich geblieben: Die Mechanik des Online-Kaufs. Egal ob große kommerzielle Lösungen, Open-Source-Systeme oder SaaS-Plattformen, immer gibt es Kategorie- und Produktdetailseiten, den Checkout-Prozess und eine Mein-Konto-Funktionalität. Besucher finden Produkte, legen diese über entsprechende Schaltflächen in den Warenkorb, loggen sich dann mit ihrem Kundenkonto ein – oder nutzen das optionale Gastkonto – und entscheiden sich im Anschluss für Zahlungs- und Versandarten.
An diesem Status Quo wurde lange Zeit nicht gerüttelt, und auch die Teilnehmer des Panels machten den Zuhörern keine große Hoffnung, dass in diesem Bereich bald Revolutionäres zu erwarten ist.
Systemhersteller in guter Gesellschaft
Das alles ist aber noch kein Grund, die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen, denn die oben genannten Hersteller befinden sich in guter Gesellschaft. Es braucht nur einen kurzen Blick auf umsatzstarke Onlineshops wie Amazon, Cyberport, Otto oder Zalando um festzustellen, dass auch hier mit der Usability des Onlinekaufs nicht im großen Rahmen experimentiert wird. Selbst für brandneue Online-Shops wie Edited oder prämierte E-Commerce-Websites wie die von Deutsche See gilt: Die Produktpräsentation ist modern und ansprechend, die Mechanik folgt hingegen den bekannten Regeln. Um es also noch einmal deutlich zu formulieren: Selbst moderne Online-Shops und Shop-Systeme verlassen sich in puncto Shop-Usability im Groben auf ein Konzept, das mittlerweile fast 15 Jahre alt ist.
Die Gründe für diese Art von Stillstand scheinen klar zu sein. Immerhin ist es mittlerweile gelungen, einen Standard zu etablieren, der sich auch dem nicht so netzaffinen Publikum des Onlinehandel-Mainstreams erschließt. Die Positionierung von Miniwarenkorb oben rechts oder Filternavigation links ist gelernt und fühlt sich „natürlich“ an; wird von dieser Regel abgewichen, kann schnell umsatzhemmende Verwirrung entstehen.
Woher neue Ideen kommen (könnten)
Wenn also keine Impulse aus dem Lager der System-Hersteller zu finden sind, woher können wir Sie denn dann erwarten?
Ein gutes Experimentierfeld in dieser Hinsicht scheint die mobile Nutzung zu sein. Onlinekäufer müssen mit begrenztem Smartphone-Display-Platz auskommen und können umfangreichen Eingabeformulare, kniffelige Bestellschritte oder Textscroll-Orgien am allerwenigsten gebrauchen.
An dieser Stelle greifen Payment-Provider an, um zumindest den Checkout etwas benutzerfreundlicher zu machen. Bindet der Shopbetreiber PayPal-Express ein, kann der Kunde nur mit Eingabe seines PayPal-Benutzernamens und -Passworts bestellen – seine Adress- und Zahlungsdaten sind ja bereits bei der eBay-Tochter hinterlegt. Einen anderen Weg geht Klarna mit dem jüngst vorgestellten Klarna Checkout: Online-Kunden müssen sich vor dem Kauf nicht einmal mehr für eine Zahlungsweise entscheiden, sondern bekommen die bestellten Produkte standardmäßig auf Rechnung geliefert, falls sie sich nicht – nach der Bestellung! – für eine andere Zahlungsalternative entscheiden.
Darüber hinaus gibt es Entwicklungen, die das Konzept der serviceorientierten Architektur (SOA) aufgreifen und implementieren. Vereinfacht gesagt geht es dabei um verschiedene kleinere Applikationen, die jeweils wenig komplexe (Unter-)Aufgaben bearbeiten und über standardisierte Schnittstellen miteinander kommunzieren können. Durch diesen Verbund lassen sich wiederum komplexe Prozesse abbilden, man hat aber gegenüber monolithischen Softwareprodukten den Vorteil, bei Bedarf kleinere „Rädchen“ des Gesamt-Räderwerks austauschen zu können. Mit dem Produkt SPHERE.IO verfolgt das Unternehmen Commercetools beispielsweise solch einen API-basierten Ansatz. Einzelne Komponenten werden durch Entwickler miteinander verknüpft, um die geplanten Funktionen des Online-Shops umsetzen zu können. Hierbei handelt es sich also um ein Framework, dem einzelne Elemente entnommen und diese flexibel verbunden werden können – ganz im Gegensatz zu einem der oben genannten Shop-Systeme, die als Gesamtpaket konzipiert sind und implementiert werden.
Wir werden an dieser Stelle weiter verfolgen, welche interessanten konzeptionellen Entwicklungen es in dieser Hinsicht geben wird. In Zeiten, in denen Differenzierung im Online-Handel immer wichtiger wird, kann sicherlich ein Aufbrechen altbekannter Muster ein gangbarer Weg sein.
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